Gefangen in Afrika - Roman nach einer wahren Geschichte by Hera Lind

Gefangen in Afrika - Roman nach einer wahren Geschichte by Hera Lind

Autor:Hera Lind
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-10-31T04:00:00+00:00


16

»Oh, Mann, ist das riesig!«

»Mama, dürfen wir da echt drauf?«

Im Hafen von Genua lag das weiße Kreuzfahrtschiff

MS Europa, der damals edelste und teuerste Luxusliner der Welt. Bereit zum Ablegen. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, um an Bord zu gehen.

»Hinter einem der Fenster liegt unsere Kabine«, erklärte ich den aufgeregten Kindern, als wir mit Sack und Pack zum Einchecken eilten.

»So, Kinder, Pässe, Tickets, Handgepäck … Oh, Margot und Sepp, hier heißt es Abschied nehmen …«

Ein letztes Mal wurde gedrückt und geküsst, geweint und gewinkt.

»Und wenn es euch nicht gefällt, kommt ihr wieder!« Margot hatte meine Hände an ihre Brust gedrückt. »Du hast in meinem Herzen immer einen Platz, und in meiner Zweizimmerwohnung auch!«

»Wie lieb von dir, Margot!« Ich war zu Tränen gerührt. »Aber ohne meine Jungs würde ich nie zurückkommen.«

»Für die gilt das natürlich auch!«

»Margot! Sei nicht albern. Wir kommen nicht zurück!«

Lachend schubste ich meine geliebte Cousine von mir. »Und passt gut auf euch auf!«

»Vielleicht gewinne ich im Lotto. Dann komme ich nach Windhoek und mache bei euch Urlaub …«

»Da träumst du von, dass wir mal so eine Kreuzfahrt machen.« Sepp zog Margot zurück, weil ein riesiger Gepäckwagen knapp an uns vorbeifuhr.

Meine Güte, war das aufregend! Weiß gekleidete Stewards eilten herbei, um uns mit dem Gepäck zu helfen, und eine lächelnde junge Dame in Uniform führte uns durch die Sicherheitskontrolle und geleitete uns aufs Schiff.

»Auf Wiedersehen, danke für alles!«, riefen wir winkend von der Reling aus, während Margot und Sepp da unten ganz klein am Ablegekai standen. »Fahrt vorsichtig!«

»Wir schreiben!«

Nachdrängende Passagiere verstellten uns die Aussicht, es ertönten Durchsagen, dass man sich in einer halben Stunde zum Sicherheitstraining mit den Schwimmwesten auf Deck zwölf einfinden solle.

Die freundliche Stewardess führte uns zu unserer Kabine: Es war eine Suite! Die Kinder hatten ein eigenes Reich, und auf mich wartete ein Kingsize-Bett. Ein eigenes Marmorbad mit Dusche und Badewanne, ein Schreibtisch, ein begehbarer Kleiderschrank – und ein flauschiger Bademantel mit passenden Pantöffelchen lagen schon auf dem Bett.

»Sie haben Butlerservice«, informierte mich die freundliche Stewardess. »Der indische Butler wird Ihren Koffer für Sie auspacken.«

»Aber das kann ich doch selbst!« Ich errötete verlegen. Ein Mann sollte keinesfalls die Nase in meine zahlreichen Dessous und Kosmetikartikel stecken!

»Nach dem Sicherheitstraining laden wir Sie und die Kinder zu einem Begrüßungsdrink an die Pool-Bar ein«, sagte die Stewardess lächelnd. »Dort treffen sich die Alleinreisenden zum Kennenlernen.« Täuschte ich mich, oder zwinkerte sie mir dabei vielsagend zu?

»Aber ich bin doch nicht alleinreisend … ich meine, ich habe doch die Kinder.«

»Vier Wochen sind lang!« Jetzt hatte die Stewardess aber wirklich gezwinkert. Ich hatte es genau gesehen.

Ein langes Tuten ertönte, und wir rannten aufs Oberdeck, um das Ablegen nicht zu verpassen. Unglaublich! Der Ozeanriese vibrierte, aus Lautsprechern kam Musik, und das graue Wasserband zwischen uns und der Kaimauer wurde immer breiter. Ich konnte es nicht fassen. Wir fuhren tatsächlich! Wir schwammen! Afrika entgegen!

Lange standen wir schweigend an der Reling. Es dämmerte, im quirligen Genua gingen die Lichter an, die Häuser sahen aus wie Spielzeughäuschen, die Autos waren nur noch flitzende Punkte, und der Rauch aus den Schornsteinen verlief wie Wasserfarbe zwischen Himmel und Meer.



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